Schneeverhältnisse Saison 2023/2024
Der Winter begann in den Alpen in dieser Saison relativ früh. Bereits Ende Oktober und Anfang November brachten Südstaulagen in den Südalpen und am Alpenhauptkamm ergiebige Neuschneemengen bis in mittlere Lagen. So waren zum Beispiel in Südtirol schon in der ersten Novemberhälfte Skitouren im Gelände möglich (inklusive des ersten Lawinenunfalls der Saison). Auch am Alpenhauptkamm und in den Gebieten nördlich davon, die von Südstaulagen profitieren, wie z. B. im Sellrain, waren bereits lohnende Skitouren möglich. Auch bei uns in den Nordalpen gab es nach einem extrem warmen Oktober Anfang November die ersten nennenswerten Schneefälle, die wir aber noch ohne Ski auf Winterwanderungen genießen konnten.
Die nächste Stufe zündete der Winter dann Ende November. Mehrere Störungen aus Nordwesten brachten zunächst vom Arlberg über das Allgäu bis zum Mangfallgebirge einen halben bis einen Meter Neuschnee. Damit war auch bei uns die Saison eröffnet. Doch damit nicht genug - eine massive Luftmassengrenze sorgte Anfang Dezember für ergiebige Schneefälle in weiten Teilen der Alpen - auch am Alpennordrand und im Alpenvorland. Selbst hier in Rosenheim konnte ich über 40 cm Neuschnee messen. Mit der Unterlage der Vorwoche herrschten am ersten Advent sensationell gute Tourenbedingungen, die sich auch in der ersten Dezemberwoche bei oft schönem Winterwetter fortsetzten.
Leider kam auch in diesem Jahr das berüchtigte Weihnachtstauwetter pünktlich und mit Macht. Schon bis Mitte Dezember wurde es unbeständiger und milder. Eine stürmische Westlage noch vor Weihnachten mit Tauwetter unterhalb etwa 1200 - 1500 m raffte den Schnee am Alpenrand dahin, brachte aber auch nochmal viel Neuschnee in der Höhe, besonders in den inneralpinen Staulagen (vom Arlberg bis zum Alpenhauptkamm). Die Südalpen gingen nun leer aus - dafür hielt sich dort aber auch das Tauwetter in Grenzen.
Auch um den Jahreswechsel und im Januar war es oft viel zu warm und größere Schneefälle blieben aus. In den höheren Lagen gab es zwar auch in den Nordalpen noch brauchbare Tourenmöglichkeiten, aber man musste schon genau wissen wo noch genügend Schnee lag. In den inneralpinen Regionen, die das Weihnachtstauwetter nur in abgeschwächter Form abbekommen hatten, konnte man bei moderater Lawinengefahr tolle Skitouren unternehmen. Für die Voralpenbewohner wurde die Situation jedoch von Woche zu Woche ungünstiger. Auch in den höheren Lagen unserer Region wurde der Schnee immer weniger bzw. die Anfahrtswege immer länger. Der Winter schien sein Pulver bereits verschossen zu haben oder es wurde sichtbar, was uns in Zukunft mit zunehmender Klimaerwärmung wohl erwarten wird: Den Alpenrändern und tiefen Lagen fehlen die Kältereserven. Selbst ergiebige Schneefälle reichen nicht mehr aus, um dem warmen Westwetter und der immer höheren Schneefallgrenze der Warmfronten Paroli bieten zu können.
Dieses Trauerspiel setzte sich auch im Februar fort. Auf den wärmsten Januar seit Messbeginn, folgte der wärmste Februar seit Messbeginn. So läuteten wir notgedrungen bereits zur Monatsmitte die Alpenhauptkamm-Saison ein und besuchten die Hochlagen der schneereichen Stubaier Alpen. Tagesskitouren waren hier in sinnvoller Entfernung kaum noch möglich - am ehesten noch in den Talschlüssen der Kitzbüheler und Tuxer Alpen oder weit hinten am Zillertaler Hauptkamm. Die so phänomenal gestartete Skitourensaison war in diesem Winter in den Voralpen praktisch kurz nach Weihnachten vorbei.
Anfang März konnte man mit dem Bike von Schleching nördlich am Weitlahner vorbei, wo im Dezember noch fast eineinhalb Meter Schnee lag, ohne Schneeberührung ins Priental radeln. Am Leonhardstein kletterten wir im T-Shirt in der Sonne und der nordseitige Abstieg war ebenfalls weitegehnd schneefrei. Inneralpin lag in den Hochlagen oberhalb ca. 1500 - 1800 m hingegen so viel Schnee wie nur selten und im niederschlagsreichen März sorgte jeder Schneefall immer wieder aufs Neue für Top-Verhältnisse. Von Rosenheim war das allerdings leider alles sehr weit weg. Daher gönnten wir uns ein paarmal den Luxus, nur für einen Tag in die Tuxer Alpen oder sogar bis ins Zillertal zu fahren wenn die Bedingungen passten.
Im April setzte sich das niederschlagsreiche Wetter fort, so dass die Schneehöhen in den Hochlagen weiter anwuchsen. Ein mehrtägiger Aufenthalt zum Monatswechsel in der Ostschweiz wurde leider von unbeständigen Wetter und sehr angespannter Lawinensituation beeinträchtigt. Dafür hatten wir im Anschluss noch gute Bedingungen bei einem Familienwochenende in Langtaufers, allerdings mit für die Jahreszeit wieder ungewöhnlich warmen Temperaturen. Während des gesamten Aprila gab es in höheren Lagen immer wieder Neuschnee, der aber von der Wärme meist bereits am folgenden Nachmittag in üblen Kleister verwandelt wurde. Stabiles Wetter für die Ausbildung von Firn gab es kaum. Einmal schneite es sogar in den Voralpen nochmals sehr kräftig. Bei einem halben Meter Neuschnee bis auf 1000 m, war sogar am zuvor komplett ausgeaperten Sudelfeld nochmals für zwei oder drei Tage Skitourengehen möglich.
Anfang Mai lagen oberhalb von etwa 2000 m rekordverdächtige Schneemengen, während die tiefen Lagen schon rekordverdächtig lange aper waren. Wer noch Lust auf Skitouren hatte und bereit war, die Ski in den Aufstiegen länger zu tragen, fand im Mai tatsächlich noch einmal hervorragende Bedingungen vor. Wer allerdings dachte, dass die Gletscher in diesem Jahr eine kleine Verschnaufpause in ihrem rasanten Rückzug einlegen würden, wurde enttäuscht. Bis Ende August sind auch die zuvor noch gut gefüllten Nährgebiete wieder fast komplett ausgeapert - die Gletscherschmelze geht auch trotz den Rekordschneemengen des Winters ungebremst weiter.