Aktionsbündnis "Rettet den Heuberg"
Hintergrund der Proteste
Schon seit den 1960er Jahren wird in Nussdorf von den Rohrdorfer Zementwerken Gestein zur Zementherstellung abgebaut. Der ursprünglich relativ kleine Steinbruch war so genehmigt, dass er von Nussdorf aus "unsichbar" ist, dazu blieb eine Sichtschutzwand stehen. Die maximal zulässige Abbauhöhe war dabei auf 758 m ü. NN beschränkt. Der Ressourcenhunger des Zementwerks war damit allerdings nicht gestillt. Bei zwei Erweiterungsgenehmigungen in den Jahren 1980 und 1994 durch das Landratsamt Rosenheim wurden dann offensichtlich sämtliche Augen zugedrückt bzw. rechtliche Grundlagen herangzogen die Jahrzehnte alt waren. Unter anderem wurde eine Abbaufläche genehmigt, die weit über die 758 m üNN hinausgeht, die Prämisse eines "Unsichtbaren Steinbruchs" war damit hinfällig. Letztendlich wurde die Genehmigung gegen Widerstände und Bedenken durch die CSU-Staatsregierung von oben her durchgedrückt. Nicht berücksichtigt wurde bei der Erweiterungsgenehmigung u.a. der seit 1976 gültige Alpenplan. "Der Alpenplan wurde als vorbeugendes Konzept zur Verhinderung von Übererschließung, zur Sicherung des Naturraumes, zur Verminderung des Gefahrenpotenzials durch Lawinen und Erosion und zur Sicherung des Gebietes für die Erholung aufgestellt" (Quelle: Infos zur Alpenkonvention). Ein Teil des bereits genehmigten Abbaubereichs liegt in der Alpenplan Schutzzone C - der höchsten Schutzkategorie. Konkret sind z. B. auch keine Verkehrserschließungen erlaubt, die über sog. landeskulturelle Maßnahmen (Alm- und Forstwege) hinausgehen. Man kann daher der Meinung sein, dass der gesamte Bescheid nichtig sein müsste.
Ungeachtet der strittigen Abbauhöhe und vieler Einsprüche aus der Bevölkerung hat der Steinbruchbetreiber in den letzten Jahren Tatsachen geschaffen: Es wurde eine (teils geteerte) Werksstraße weit hinein die Alpenplan-Schutzzone C gebaut, die nur als Forststraße genehmigt ist und der begehrte Abbaubereich oberhalb der 758 m würde bereits gerodet (dafür gab es eine Genehmigung - aber natürlich auf Basis des oben erwähnten fraglichen Bescheids). Nachdem das Bayerischen Verwaltungsgerichts einen sofortigen Abbaustopp bis zur Klärung der entsprechenden Punkte ausgesprochen hatte, wurde vom Steinbruchbetreiber eine neue Abbaugenehmigung beantragt, womit die (ursprügliche, umstrittene Erweiterungsgenehmigung) auf rechtssichere Füße gestellt werden sollte. Der neue Antrag würde in etwa nochmal die gleiche Gesteinsentnahme bedeuten wie in den letzten 60 Jahren bereits abgebaggert wurde. Der beantragte Abbaubereich liegt vollständig in der Alpenplan-Schutzzone. Nachdem das Landratsamt weiterhin unter der Führung der CSU steht und der zuständige Sachbearbeiter im Landratsamt bei einer Infoveranstaltung in Nussdorf durch ergebene Unterwürfigkeit gegenüber dem Steinbruchbetreiber aufgefallen ist, muss befürchtet werden, dass erneut eine zu Gunsten des Betreibers extrem "kulante" Auslegung der rechtlichen Rahmenbedingungen angewandt und eine Genehmigung erteilt wird. Dass sich der zuständige CSU-Landrat Otto Lederer vor der Kundgebung am 1. Mai gedrückt hat spricht für sich (Alexander Huber: "Shame on you, Landrat!").
Natürlich kann man einwenden, dass der Zement für Häuser, Straßen, Bahntrassen etc. ja irgendwo herkommen muss und das es besser ist, einen bestehenden Steinbruch dafür zu nutzen als neue zu eröffnen oder das Material vom anderen Ende der Welt heranzutransportieren. Anderseits hat der Heuberg eine so dominante Position im Landschaftsbild und ein Regelwerk wie der Alpenplan, das seit über 45 Jahren Bestand hat, darf man dafür nicht einfach aufweichen oder gar ignorieren.
Auswirkungen auf Kletterer und Bergsteiger
Immer wieder bekomme ich die Frage gestellt, was der Steinbruch und seine mögliche Erweiterung für Bergsportler bedeutet. Jeder, der den Wanderweg von Nussdorf über die Bichleralm zum Heuberg kennt, weiß dass durch den Steinbruch bereits ein großes Stück des alten Weges zerstört wurde. Inzwischen wurde eine Umgehungsvariante geschaffen, die vom Steinbruch vorerst nicht weiter betroffen ist. Mit der starken Vergrößerung muss man jedoch eine deutliche Ausweitung des LKW-Verkehrs auf der mehrmals zu kreuzenden Straße befürchten. Zudem kann nicht 100% ausgeschlossen werden dass Instabilitäten der gesamten Flanke entstehen, die weitere Wegsperrungen oder vielleicht sogar Felsstürze zur Folge haben können.
In der Westflanke des Heubergs gibt es mehrere Kletterfelsen (u.a. Weigendwall, Kundl, Backofen, Rockcity, obere Weigendwall, Godzillawand). Auf den ersten Blick sind keine dieser Felsen unmittelbar vom Gesteinsabbau betroffen, aber das oben Geschriebene zu den Abbauarbeiten und zu möglichen Instabilitäten gilt dafür besonders. Es wäre nicht das erste mal, dass durch "unerwartet" auftretende Sicherheitsbedenken eigentlich von der Genehmigung ausgenommene Felsbereiche weggesprengt werden "müssen" (die Innsbrucker Kletterer des "Dschungelbuchs" können ein Lied davon singen).
Die konkretesten Auswirkungen hat der Steinbruch auf die Weigendwall. Dabei ist es allerdings unerheblich, ob er erweitert wird oder nicht. Die Wand wäre von den Erweiterungsarbeiten nicht mehr betroffen als bisher. Aber der Fels liegt noch auf dem Betriebsgelände des Steinbruchs (wenn auch außerhalb des unmittelbaren Abbaubereichs). Daher hat das Gewerbeaufsichtsamt dem Betreiber auferlegt, dass er das Klettern dort untersagen muss. Nachdem dieser Auflage viele Jahre mit ein paar Schildern genüge getan war, wird inzwischen konsequenter gegen die Kletterer vorgegangen. Vor einigen Jahren wurde ein aufwändiger Zaun gebaut (der für klettergewandte Personen kein ernstes Hindernis darstellt) und im Juni 2021 wurde jetzt auch das erste Mal Anzeige gegen Kletterer erstattet. Fazit: Für die Weigendwall gäbe es erst wieder eine Perspektive, wenn der Steinbruch stillgelegt wird.
Initiative "Rettet den Heuberg" und Demo am 1. Mai 2021
Inzwischen hat sich eine Bürgerinitiative geformt, die massiv Widerstand gegen die Erweiterung des Steinbruchs leistet. Dieses Aktionsbündnis "Rettet den Heuberg" wird unter anderem vom Deutschen Alpenverein, von Mountain Wilderness und dem Verein zum Schutz der Bergwelt unterstützt. Die erste Demonstration gegen die Steinbruch-Erweiterung fand auf dem Sportplatz Nussdorf statt, trotz Corona und schlechtem Wetter fanden sich dort 450 Teilnehmer ein. Das zeigt, wie groß der Widerwillen in der Bevölkerung gegen dieses Projekt ist. Aktuelle Informationen zum Aktionsbündnis gibt es bei Facebook und auf Instagram.