Produkttest LVS Ortovox Diract Voice
Die Bedingungen vorab: Im Rahmen einer weitergehende Kooperation mit dem Hersteller hab ich bereits ein gutes halbes Jahr vor der Markteinführung ein erstes Testgerät für 2 Wochen bekommen. Den Prototyp musste ich danach zurücksenden und einen ausführlichen Bericht abgeben. Mit der Markteinführung hab ich dann erneut ein kostenloses Gerät bekommen, das ich den gesamten Winter 2021/2022 genutzt habe.
Die Testbedingungen
Während der ersten Testphase mit dem Prototyp war ich 5 oder 6 Tage auf Skitour unterwegs und wir haben mehrmals Suchübungen und Tests damit gemacht. Die "Verschüttungstiefe" der zu suchenden Geräte war dabei meist zwischen 50 und 100 cm. Das Neugerät, das ich dann im Frühwinter 2021 bekommen habe, hat sich kaum noch vom Prototyp unterschieden. Ich konnte es auf etwa 35 Skitouren während der gesamten Saison einsetzen. Darunter war auch einer halbtägige LVS-Suchübung für eine DAV-Sektion, allerdings bei sehr geringer Schneehöhe von maximal 60 cm. Zu meinem Hintergrund: Ich bin DAV-Trainer B Skihochtouren und habe seit 30 Jahren Übung und Routine im Umgang mit LVS-Geräten verschiedener Hersteller.
Grundlegende Daten
Das Diract Voice ist ein klassisches Drei-Antennen-LVS-Gerät. Ich hab es mit 215 g gewogen, inklusive Tragetasche wiegt es 300 g. Die Abmessungen des Hartplastik-Gehäuses sind mit 7,9 x 12 x 2,3 cm schön kompakt und vergleichbar mit den meisten anderen LVS-Geräten am Markt. Die Stromversorgung erfolgt über einen eingebauten, aufladbaren Lithium-Ionen-Akku. Das Gerät ist extrem reduziert auf die Grundfunktionen "Senden" und "Empfangen". Über den Markierungsbutton können dazu (beim Einschalten) ein Gruppentest gestartet und (im Suchmodus) bei Mehrfachverschüttung einzelne Geräte ausgeblendet werden. Die Suchfunktion wird mit Sprachanweisungen zusätzlich zum Display und Piepston unterstützt. Via Bluetooth kann man das Gerät mit einem Smartphone verbinden und damit einige Einstellungen anpassen (z. B. Sprache auswählen). Der Hersteller gibt bei Registrierung 5 Jahre Garantie, der empfohlene Verkaufspreis ist 330 Euro. Es gibt auch eine Version des Geräts ohne Sprachnavigation, das ansonsten den gleichen Funktionsumfang hat, aber um 50 Euro günstiger ist.
Unterwegs mit dem LVS (Sendemodus)
In über 99% der Zeit wird man mit einem LVS Gerät im Sendemodus unterwegs sein. Der einzige Zweck ist dann der, dass es sich möglichst unauffällig am Körper befindet und nicht behindert, aber zuverlässig sein Signal aussendet.
Dafür ist zum einen eine stabile und möglichst lang andauernde Stromversorgung erforderlich. Der eingebaute Lithium-Ionen-Akku hält im Sendemodus sehr lang. Selbst nach einer einwöchigen Skidurchquerung mit langen Tagen betrug die Batterie-Anzeige auf meinem Gerät noch über 80 %. Ich habs den ganzen Winter nicht geschafft unter 50 % zu kommen, obwohl ich nur wenige Male aufgeladen hab. Die Suche verbraucht deutlich mehr Strom als das Senden, eine Suchübung mit 1-2 Stunden (natürlich nicht durchgehend im Suchmodus) etwa so viel wie ein ganzer Skitourentag im Sendemodus. Einen Einfluss der Temperatur (Kälte) konnte ich nicht feststellen. Auf Tour trage ich das Gerät zwar immer nah am Körper, bei den Suchübungen hat man es dann aber doch länger in der Hand oder es liegt auf der Schneeoberfläche und dabei hatte es schon auch mal -10 Grad. Ich muss vielleicht noch dazu sagen, dass ich in Sachen Stromversorgung bei anderen Geräten häufiger Probleme hab, weshalb ich dem Akku gegenüber anfangs etwas skeptisch war. Bei meinem Smartphone oder GPS-Gerät ist häufig der Akku leer, selbst bei der Kamera passiert es mir ab und zu. Beim Diract hingegen hatte ich nie Sorge, dass das der Fall sein könnte. Den Akku-Stand bekommt man jedesmal beim Ein- und Ausschalten groß auf dem Display präsentiert. Aus Kosten- und Nachhaltigkeitsgründen finde ich die Lösung mit dem Akku inzwischen sogar die deutlich elegantere Wahl.
Zum anderen ist auf einer Skitour wichtig, dass sich das LVS-Gerät gut verstauen lässt. Meistens trage ich es in der Reißverschlusstasche meiner Skitourenhose, wo es aufgrund der kompakten Abmessungen und der ergonomischen, abgerundeten Form kaum stört. Allerdings nutze ich je nach Hosentyp gelegentlich auch das Tragesystem, das ebenfalls komfortabel ist. Hervorzuheben ist dabei, dass man das Tragesytem tatsächlich so gut anpassen kann, dass es sogar meiner 8jährigen Tochter passt. Ihre Skitourenhose hat nämlich keine Reißverschlusstasche und alle anderen Tragesysteme die ich kenne stoßen bei sehr kleinen, schmächtigen Personen an ihre Grenzen.
Erwähnenswert ist vielleicht noch die Smart-Antennen-Techonologie, die wir allerdings nicht testen konnten. Dabei analysiert das Gerät laut Hersteller im Ruhezustand (also bei einer Verschüttung) die Lage der Antennen und schaltet zum Senden auf die am günstigsten gelegene Antenne um. Und noch ein Feature gibt es, sozusagen als Zusatz-Backup: Im Tragesystem ist ein Recco-Reflector eingearbeitet, der die professionelle Rettung durch Suchmannschaften beschleunigen kann.
Im Suchmodus mit dem Diract Voice
Soweit so gut, beim Sendemodus unterscheiden sich die zahlreichen LVS-Geräte auf dem Markt eher nur in Nuancen. Wirklich interessant wird es erst, sobald wir uns mit dem Empfänger auf die Suche nach einem Verschütteten (in den meisten Fällen zum Glück nur nach einem vergrabenen Rucksack) machen müssen.
Und hier wartet das Diract Voice mit einer echten Neuerung auf. Ähnlich einem Navigationsgerät unterstützt es die Suche mit Sprachanweisungen. Diese können zum Beispiel lauten: "Laufe in 20-Meter-Suchstreifen und halte Ausschau", "Gehe geradeaus", "Gehe nach rechts", "Du warst schon mal näher, kehre um", "Gehe an die Schneeoberfläche". Unabhängig von diesen Kommandos arbeitet das Gerät genauso wie herkömmliche LVS-Geräte: Es gibt ein Display, das die Entfernung und Richtung anzeigt und dazu einen akkustische "Pieps-Ton", der in der Feinsuche die Taktfrequenz ändert und damit zusätzlich signalisiert, wie man sich dem Sender annähert.
Bezüglich der Reichweite ist das Diract Voice vergleichbar mit dem Pieps DSP und dem Mammut Barryvox. Mit 40 - 50 Metern liegt sie zwar einige Meter unterhalb der Maximalreichweite der Vergleichsgeräte, allerdings fällt auf, dass der Erstempfang dann auch stabil verfügbar bleibt, während es zum Beispiel mit meinem DSP häufig vorkommt, dass man einen schwachen Erstempfang wieder verliert und nochmal zurück muss. Letztendlich sind ein paar Meter Reichweitenunterschied bei der Suche im Ernstfall nicht entscheidend, während das Hin- und Her bei verlorenem Signal viel Zeit kostet. Die Suchstreifenbreite ist standardmäßig auf 50 m eingestellt, in einigen Fällen (z. B. wenn ein eingeschaltenes Smartphone in der Nähe ist), reduziert das Gerät automatisch auf 20 Meter Suchstreifenbreite.
Die Feinsuche leitet das Gerät mit dem Kommando "Gehe an die Schneeoberfläche" ein. Auch der schneller werdende Piepston unterstützt dabei, so dass man sich im "Airport-Approach" schnell seinem Ziel nähert. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit ist sehr flott und man muss sich bei der Suche nicht auffallend selbst "bremsen". Spannend wäre es noch, das Ganze mal bei einer richtig tiefen Verschüttung von 2,50 bis 3 Meter zu testen, wo sich die Spreu vom Weizen trennt und besser erkennbar wird wie sich verschiedene Antennenpositionen auf die Signale auswirken. Allerdings hatten wir dazu bisher noch keine Gelegenheit.
Die Funktion der Mehrfach-Verschütteten-Suche mit dem Markieren und Ausblenden von Geräten funktionierte einwandfrei. Die Anzeige der Anzahl Verschütteter passte (selbst wenn ein Smartphone in der Nähe war). Ein einmal markiertes Gerät blieb bis zum Schluss ausgeblendet, solange es nicht bewegt wurde.
Bei Suchübungen waren individuelle Unterschiede feststellbar, wie verschiedene Personen mit der Sprachnavigation zu Recht kamen. Für Suchende mit langjähriger Erfahrung ist das Feature sicher eine gute Hilfe im Notfall, bei längeren Suchübungen kann das ständige Gequassel allerdings irgendwann auf die Nerven gehen. Über die App lassen sich die Kommandos dann aber auch deaktivieren. Einsteiger reagierten durch die Bank positiv auf diese Funktion. Meine Kinder hingegen kamen auf Anhieb gut mit dem Gerät zu Recht und haben damit nicht nur die vergrabenen Rucksäcke gefunden, sondern auch ihre Ostergeschenke.
Fazit
Nachdem sich der frühere Marktführer Ortovox über viele Jahre schwer tat, den Anschluss an Barryvox und Pieps zu finden, ist ihm das mit dem dem Diract Voice wieder gelungen. Es handelt sich um ein grundsolides LVS-Gerät mit guter Optik und Haptik, das ohne Schnickschnack auf die Grundfunktionen reduziert ist und in diesen eine Performance abliefert, die den Mitbewerbern mindestens ebenbürtig ist. Die Sprachnavigation ist eine Zusatzfunktion, die in Stresssituationen auch dem versierten Anwender hilfreich sein wird, Einsteigern erleichtert sie generell die Suche mit dem LVS-Gerät. Auch nach meiner ersten Skitourensaison mit dem Diract Voice bleibe ich dabei, das Gerät uneingeschränkt empfehlen zu können.