Neue Wildschutzzonen im Spitzingsee-Gebiet
Seit Jahren hat sich für Skitouren in den Bayerischen Alpen die Besucherlenkung "Natürlich auf Tour" des DAV bewährt, wo Wald-Wild-Schongebiete auf freiwilliger Basis vor dem Betreten geschützt und damit besonders den Rauhfußhühnern Ruhe und Rückzugsräume in der kalten Jahreszeit gewährt werden. Leider stößt dieses Konzept aber im stark frequentierten Spitzingseegebiet an seine Grenzen. Dort sind im Winter extrem viele Tourengeher, Bergsteiger und Wanderer unterwegs. Neben der Mehrheit an verantwortungsbewussten Sportlern, denen Rücksicht auf die Natur wichtig ist, bleibt immer ein Restkontingent an uninformierten Personen oder notorischen Verweigerern. In einsamen Regionen sind das so wenig, dass die Störungen oft vernachlässigbar sind, rund um den Spitzingsee ist deren absolute Zahl aber so groß, dass die Schutzwirkung für die bedrohten Tiere nicht mehr ausreicht.
Verordnung des Landratsamtes Miesbach
Aus diesem Grund wurde vom Landratsamt Miesbach zum 1.12.2021 eine Verordnung in Kraft gesetzt, die einen Teil der freiwilligen Schutzzonen in verbindliche Wildschutzgebiete mit Betretungsverbot umwandelt. Wer die Verbote ignoriert und erwischt wird, muss also jetzt nicht nur ein schlechtes Gewissen als potenzieller Vogelmörder haben, sondern kann mit Strafen bis 5000 Euro rechnen. Der exakte Wortlaut der Verordnung ist auf der Website des Landratsamts Miesbach zu finden.
In der folgenden Karte ist die Regelung übersichtlich dargestellt:
Konsequenzen für Skitourengeher und Winterwanderer
Für Skitourengeher, die sich auch bisher an die freiwillige Regelung gehalten haben ändert sich nicht viel - im Wesentlichen folgende vier Punkte:
- Lämpersberg: Hier gibt es jetzt eine Lücke, die den Übergang Ost-West ermöglicht. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung also eine Verbesserung für Tourengeher, die lohnende (aber oft lawinengefährdete) Ostabfahrt ist jetzt wieder zulässig.
- Taubenstein-Ostseite: Diese ist jetzt vollständig bis zum Verbindungsweg Taubensteinsattel-Taubensteinhaus gesperrt. Vorher konnte man vom Taubensteinhaus über den Ostrücken zum Taubenstein aufsteigen und abfahren und auch das südlich davon befindliche kleine Kar war von den Schutzzonen ausgenommen. Für Tourengeher ein zwar kleiner aber schmerzhafter Verlust, weil der Zugang zum Taubenstein jetzt nur noch über den unschönen, meist zertrampelten Grat von der Bahn her möglich ist und schöne Abfahrtshänge wegfallen.
- Jägerkamp: Der Grat vom Haupt- zum Südgipfel und die Westhänge zur Jägerbauernalm sind jetzt im Winter gesperrt. Der Hang hat allerdings sehr viele Latschen und war auch bisher nur in sehr schneereichen Zeiten eine Abfahrts-Option, manchmal auch eine weniger lawinengefährdete, aber trotzdem steile Aufstiegsmöglichkeit von Norden. Der Nordgrat ist ab 1.4. geöffnet, was zumindest im Frühjahr eine Aufstiegsoption zum steilen und oft lawinengefährdeten Nordkar darstellen kann. Dieses Kar ist aber weiterhin offen, genauso wie der Aufstieg entlang des Ostgrats vom Benzingsattel her. Noch eine kleine "Verbesserung": Die Schutzzone an den Wilden Fräulein beginnt am Südhang jetzt wirklich erst ganz oben unter den Felsen. Bisher hätte man laut Karte bereits an der Verflachung ca. 100 m unterhalb stoppen müssen, was in der Grasflanke aber etwas willkürlich erschien.
- Auerspitz: Dort war es bisher möglich (bei viel Schnee, da viele Latschen), ein Stück den Grat nach Osten abzufahren und dann nach Norden zum Soinsee runterzuwedeln, jetzt darf man nur noch direkt in Gipfelfallinie und westlich davon nach Norden abfahren.
In Summe halten sich Einschränkungen also in Grenzen und als Tourengeher kann man m.E. gut mit der Regelung leben. Es bleibt zu hoffen, dass die Maßnahmen Wirkung zeigen und sich die Birkhuhnbestände in der Gegend etwas erholen.
Konsequenzen für Wanderer, Bergsteiger und Naturfreunde
Für Wanderer finde ich die Einschränkungen größer, das die Wald-Wild-Schongebiete im Frühjahr oder Sommer nicht gelten und sich die meisten Leute in der Zeit auch entlang der Wanderwege bewegen. Hier kommen also jetzt echte Sperrungen hinzu, die es bisher nicht mal auf freiwilliger Basis gab:
- Verbindungsweg Taubenstein-Kleintiefental (dient auch als Zustieg von der Taubensteinbahn zu den Klettergebieten Almwandl, Sebaldstein und Ruchenköpfe): Der Weg ist vom 1.12. bis 14.7(!) gesperrt. Die Passage lässt sich aber mit 10 Min. Umweg über das Taubensteinhaus und einem unbeschilderten Verbindungsweg umgehen. Das Klettern am Almwandl und an einem weiteren, oberhalb befindlichen Felsen ist in der Zeit ebenfalls verboten, wobei das Almwandl aber streng genommen nicht mehr im Schutzgebiet liegt.
- Auerspitz: Der Wanderweg Nr. 642 (Via Alpina) vom Auerspitz zum Sillberghaus ist bis 15.6. gesperrt, der Steig über die Maroldschneid sogar bis 14.7.- Für den Via Alpina wurde wohl eine neue Alternative ausgeschildert, die nördlich der Maroldschneid und die Soinhütte hinab zur Staatsstraße führt. Der Weg hat weniger Forsttraßenanteil und ist daher sicherlich genauso attraktiv, nur muss man im Soingraben im Frühjahr lange mit Schnee rechnen.
- Jägerkamp: Die Wanderwege über den Nord- und Südgrat zur Jägerbauern, bzw. Benzingalm sind beide ab 1.4. offiziell begehbar (auch wenn zu dieser Zeit hier oft noch meterhoch Schnee liegen wird). Der Steig über die Wilden Fräulein hingegen ist vom 1.12. bis 14.7. gesperrt.
Dass die Maroldschneid nur im Sommer und Herbst begehbar ist, finde ich akzeptabel und der Verbindungsweg am Taubenstein ist aufgrund der unproblematischen Umgehung kein Aufreger. Die Sperrung des Übergangs am Jägerkamp (und damit ein alternativer Zustieg ins nördliche Rotwandgebiet) ist in schneearmen Wintern schon eher einen Verlust, aber hier wurde versucht die Belange der Bergsteiger zu berücksichtigen.