Mit dem Radl zum Großen Arber
Nach unserer letztjährigen Radltour von Rosenheim nach Wien, die über längere Strecken eher flach und eintönig an Flüssen entlangführte, sollte es heuer etwas abwechslungreicher werden. Zudem wollten wir uns einige Tage mehr Zeit nehmen, die Radletappen kürzer gestalten und auch Tage einplanen, an denen wir vor Ort und ohne Gepäck unterwegs sein konnten. Erst relativ kurzfristig fiel unsere Wahl dann auf den Bayrischen Wald einschließlich des "alpinistischen" Zieles einer Besteigung des Großen Arbers.
Dienstag 8.8.2023: Landshut - Bad Abbach
Am angepeilten Startwochenende herrscht Dauerregen, so dass wir die Abfahrt etwas verschieben und uns am ersten Tag den Luxus gönnen, mit dem Zug nach Landshut zu fahren. Nach einer Nacht bei Freunden radeln wir am Dienstag bei weiß-blauem Himmel los. Zuerst müssen wir aus Landshut hinausfinden. Anschließend schlängeln wir uns durch das hügelige Agrarland, vorbei an stinkenden Schweinezucht-Batterien, nach Rottenburg an der Laber. Weiter rollen wir gemütlich entlang der Storchenwiesen des Labertals nach Langquaid, wo wir unser obligates Eis gegen extrem aggressive Wespen verteidigen müssen. Auf der weiteren Route ins Donautal wird es nochmal recht buckelig und die Planungs-App Komot führt uns leider über einige stärker befahrene Straßen. Dafür sind wir dann zeitig am Campingplatz Freizeitinsel bei Bad Abbach, so dass noch etwas Zeit bleibt, den nachmittag und Abend zu genießen und die Gegend zu erkunden. Skurril ist jedoch unser Zeltnachbar, der sich an seinen Biertisch eine kopflose Schaufensterpuppe gegenübersitzt. Diese bleibt auch die Nacht über an ihrem Platz, beim Mondlicht eine durchaus gespenstische Szene.
Mittwoch 9.8.2023: Bad Abbach - Ramspau
Am Mittwoch strampeln wir bei anfangs kräftigen Regenschauern an der Donau entlang nach Regensburg. Sabines Schaltung hat eine Macke und so suchen wir die Bikeabmulanz am Bahnhof auf. Eine angeknackste Plastikhülse des Kabelzugs ist anscheinend das Problem und wird provisorisch mit einem Kabelbinder fixiert. Ein kleines bisschen von der Stadt wollen wir natürlich auch sehen und so steuern wir als erstes den Dom an. Beim anschließenden Altstadtbummel bleiben wir an einem netten Cafe hängen, aber auch hier sind die Wespen ungeheuer lästig. Einen längeren Platzregen warten wir in einem Buchladen ab, bevor wir uns wieder auf die Räder schwingen und die Stadt über die Steinerne Brücke verlassen. Im Regen radeln wir am Regen entlang nach Norden. Auf unserer Routenplanungskarte Radlland Bayern ist beim Örtchen Ramspau ein Campingplatz eingezeichnet, den wir ansteuern. Dort angekommen finden wir erstmal nur ein Sport- und Badegelände und ein Hinweisschild, auf dem unter anderem steht "Campen verboten". Darunter steht "Ausnahme für Bootswanderer" und an dem geschlossenen Kiosk hängt eine Preisliste für die Zeltübernachtung. Die WC's des Badeplatzes sind offen, es gibt Picknicktische und viel ebene Wiese am Regenufer. Wir beschließen, tief im Herzen Bootswanderer zu sein und stellen unser Zelt auf. Als dann später noch einige Leute des Vereinheimes vorbeikommen, und ein Bier trinken, meinen sie nur "Da könnt's scho stehen bleiben, aber es wird niemand kommen und kassieren. Wenn ihr unbedingt wollt, dann gebt's halt uns einen Fuchziger". Unbedingt bestehen wir nicht drauf und so genießen wir den einsamen Abend an dem lauschigen Platz, wo sich in der Nacht die Lichter der gegenüberliegenden Kirche im Wasser spiegeln.
Donnerstag 10.8.2023: Ramspau - Blaibach
Für Donnerstag haben wir eine etwas längere Etappe geplant, da wir bis zu einem Campingplatz mit Kanuverleih in Blaibach kommen wollen. Etwa 70 Kilometer den Regen aufwärts stehen uns bevor, laut Höhenprofil aber die meiste Zeit ziemlich flach. Das sollte also zu schaffen sein. Die Temperaturen steigen jetzt deutlich an gegenüber den Vortagen, was bereits bei der ersten Pause am Hauptplatz vom Nittenau spürbar wird. Der Radweg schlängelt sich meist schön am Fluss entlang, teils auch neben Straßen und hat erst bei Kirchenrohrbach den ersten nennenswerten Anstieg. Vor Roding nutzen wir einen Picknickplatz für die Mittagspause und dann ist es schlagartig vorbei mit der Gemütlichkeit. 15 % steil schnaufen wir den Berg hinauf und jenseits bremsen wir genauso steil wieder hinunter. Nach Roding führt der Radweg erst an der autobahnähnlichen Bundesstraße entlang, dann lästigerweise nochmal bergauf, bevor wir endlich die flachen Regentalauen vor Cham erreichen. In der Chamer Altstadt reicht die Zeit leider nur für ein Eis und zum Einkaufen, dann müssen wir schon wieder weiter und erreichen nach weiteren knapp 20 Kilometern entlang schöner, meist flacher Radwege den Zeltplatz Aquahema in Blaibach.
Freitag 11.8.2023: Ruhetag in Blaibach
Am nächsten Tag ist ein Ruhetag eingeplant, zumindest was das Radeln angeht. Wir mieten uns am Campingplatz ein 4er-Kajak und paddeln damit den Regen hinab. Keiner von uns hat Bootserfahrung und so landen wir trotz kurzer aber hilfreicher Einweisung gleich vor der ersten Hürde im Ufergebüsch. So nach und nach hab ich es aber dann besser raus mit dem Lenken und wenn ich es hinkriege, meine Vorderleute rechtzeitig ans Paddeln zu erinnern, finden wir auch die richtige Linie durch die immer wieder eingelagerten Felsen. Immerhin ist das Boot so wuchtig und breit, dass es unwahrscheinlich ist, zu kentern. Allerdings ist es damit auch etwas schwerfälliger zum Lenken und der Tiefgang ist so groß, dass ich an einer seichten Stelle ins Wasser muss, um das Boot drüber zu ziehen. Wir paddeln knapp 10 Kilometer bis Chamerau, wo Boote und Paddler vom Bootsverleiher wieder abgeholt werden. Wir gönnen uns allerdings noch ein Eis im sehr schönen Biergarten des Bäckerwirts an der Ausstiegsstelle und fahren dann erst mit dem nächsten Shuttle wieder zurück zum Campingplatz. Den Nachmittag nutze ich noch, um mir im angrenzenden Wald ein paar Schwammerl fürs Abendessen zu suchen, was allerdings weniger einfach ist als ich erwartet hatte. Aber für ein Pilzrisotto reicht es immerhin.
Samstag 12.8.2023: Blaibach - Regen
Auf der nächsten Etappe verlässt der Regentalradweg den Fluss und bereits der Blick aufs Höhenprofil in der Planungsapp lässt erahnen, dass es anstrengender wird als in den vergangenen Tagen. Die erste Steigung nach Viechtach überrascht allerdings gleich mal durch ihre Harmlosigkeit. Der Radlweg folgt der alten Bahntrasse und steigt zwar kontinuierlich aber nur flach an. So kommen wir entspannt in der Stadt an und erledigen unsere Tageseinkäufe. Das war's dann aber mit Entspannung. Gleich vom Bahnhof weg zeigt uns die erste Steigung was im Bayerwald Sache ist. Bei 30 Grad schwitzen wir in der Sonne einen 15 % Anstieg hinauf. Zum Glück ist er recht kurz und danach geht es wieder etwas moderater weiter. Es sind zwar noch 150 Höhenmeter bis Patersdorf zu überwinden, aber die Steigungen sind jetzt durchweg harmloser und außerdem radeln wir meistens im schattigen Wald. Nach Patersdorf folgt aber nochmal ein echtes Schmankerl mit mehreren längeren und teils sogar über 15 % steilen Anstiegen hinauf nach Altenmais in der glühenden Nachmittagssonne. Zu allem Überfluss finden sich keinerlei Brunnen oder Bäche, in denen wir unsere Wasserflaschen auffüllen könnten. So stoppen wir kurz an einem Bauernhof, wo wir gleich freundlich ins Haus an den Wasserhahn gebeten werden. Ziemlich durchgeschwitzt kommen wir in der Kreisstadt Regen an und den Mädels reicht's eigentlich für heute.
In unserer Karte ist ein Campingplatz am Ortseingang verzeichnet. Wir rollen auf das Areal - aber irgendetwas stimmt hier nicht. Keine normalen Zelte sind zu sehen, nur große weiße Gemeinschaftszelte, dazu kaum Menschen. Vor den etwas abgewirtschafteten Sanitäräumen lungert eine Rotte Jungendlicher herum. Als wir sagen, dass wir für die kommende Nacht einen Platz für unser Zelt suchen, ernten wir Blicke wie eine Gruppe Asylsuchender von einer Nazi-Gang. "Nä - der Campingplatz ist nur noch für Jugendgruppen und die sind heute alle abgereist und morgen kommen schon die nächsten" antwortet die hochnäsige Wortführerin. Fragend blicken wir uns an - die Argumentation überfordert unseren Intellekt. Ein Campingplatz der quasi leer ist, hat keinen Platz für ein kleines 4-Mann-Zelt? Einige andere dieser offensichtlich als Betreuer für Jugendgruppen tätigen Dumpfbacken stammeln dann weiteren Schwachsinn wie "Ein Hotel nimmt ja auch nicht jeden..." (?). Für uns ist das genug. Ohne weitere Diskussion verziehen wir uns, wer will schon mit solchen Asozialen auf einem Gelände übernachten? Während sich die Familie im nahen Freibad erfrischt, mache ich mich auf die Suche nach einem Schlafplatz. Etwas außerhalb der Stadt finde ich dann tatsächlich flussaufwärts eine gute Stelle direkt am Fluss abseits jeder Straße, sogar mit Bank. Es wird die tollste Nacht des Urlaubs, die wir unter klarem Himmel im Freien verbringen und wo wir die Sternschnuppen der Perseiden bestaunen.
Sonntag 13.8.2023: Regen - Zwiesel
Am nächsten Morgen kommen einige Spaziergänger mit ihren Hunden vorbei. Niemand sagt auch nur ein unfreundliches Wort zu uns "Wildcampern". Im Gegensatz zu den vom Campingplatz angeheuerten Stadtkiddies sind die Einheimischen tatsächlich überwiegend sehr angenehme Menschen (solange sie nicht im Auto sitzen, wie wir später noch feststellen). Nach dem ausgiebigen Frühstück radeln wir gemütlich die moderate Steigung hinauf zu einem Ort mit dem lustigen Namen "Dreieck" und rollen anschließend hinab nach Zwiesel. Nachdem wir verpeilt hatten, dass heute Sonntag und somit kein Einkaufstag ist - und nach dem gestrigen anstrengenden Tag generell - ist eine Überprüfung unserer weiteren Planung nötig. Dazu machen wir erstmal eine ausgiebige Vormittagspause in Ina's sympatischen Café. Ursprünglich war angedacht, bis Regenhütte zu fahren und am nächsten Tag auf den Großen Arber zu steigen, bevor wir in den Tagen drauf einen Abstecher in den Böhmerwald machen. Allerdings ist die Motivation auf größere Steigungen als am Vortag (die uns im Böhmerwald erwarten würden) sowohl bei Sabine als auch bei den Kindern gering. Daher beschließen wir auf der bayerischen Seite der Grenze zu bleiben und lieber hier ein paar mehr Stopps einzulegen auf unserem Weg nach Passau. Wir bleiben also in Zwiesel am Campingplatz, schauen uns am Nachmittag noch das sehr sehenswerte Wald-Museum an und gehen abends gemütlich Pizza essen.
Montag 14.8.2023: Großer Arber
Der Brückentag soll laut Wetterbereicht der heißeste Tag unseres Urlaubs werden mit 32 Grad sogar hier oben im an sich kühleren Zwiesel. Daher gehts heute in die höchsten Lagen des Bayerwalds, auf den Großen Arber. Gegenüber der ursprünglichen Planung mit Start in Regenhütte wird der Anfahrtsweg etwas weiter, da wir erst noch die 10 Kilometer von Zwiesel nach Regenhütte hinauf radeln müssen. Anschließend gehts anhaltend steil weiter aufwärts zum Großen Arbersee. Ohne die gewohnten 50 Kilogramm Gepäck am Radl ist das für mich eine recht entspannte Übung und auch die Mädels strampeln motiviert bergauf. Am meisten hat Sabine zu kämpfen, deren Schaltung inzwischen den niedrigsten Gang verweigert. Die anschließende Wanderung zum Gipfel ist dann eher Formsache zuerst entlang einer Forststraße, dann auf überraschend nettem Wanderweg. Am Gipfelareal ist erwartungsgemäß der Teufel los - von der anderen Seite kommt hier eine Seilbahn rauf und es herrscht ein Trubel wie auf der Zugspitze (nur dass hier mehr Platz ist). Kurz vor dem offensichtlich höchsten Punkt trennen sich die Wege. Links geht's auf einen netten Felsgupf, sogar ein paar Meter leichte Kletterei kann man hier einbauen. Am höchsten Punkt sehen wir, dass das Gipfelkreuz gegenüber steht, nochmal ein paar Meter höher oben. Den Mädels reicht unser Aussichtsgipfel aber als Höhepunkt zwischen Alpen und Ostsee - als penibler Bergsteiger mache ich mich daher alleine auf den knapp 10minütigen Weg hinüber zum "echten" Gipfel. Nicht dass ich irgendwann nochmal hierher muss ;-). Das Wetter ist perfekt und die Sicht reicht weit über die endlosen Mittelgebirgshöhen, mal etwas ganz anderes als in den Alpen. Bald machen wir uns an den Abstieg und die Heimfahrt mit den Fahrrädern ist diesmal ein Geschenk, es geht zackig bergab und wir können die meiste Zeit einfach nur dahinrollen. So sind wir dann sogar relativ zeitig uns nicht allzu erschöpft in Zwiesel und können am Abend das örtliche Event des Jahres besuchen: Die Zwieseler Glasnacht.
Dienstag 15.8.2023: Zwiesel - Spiegelau
Nachdem es am Vorabend später wurde, dauert es am Dienstag (Feiertag) etwas, bis wir in den Sätteln sitzen. Die Etappe ist mit weniger als 30 Kilometern recht kurz, aber sie hat auch eine ordentlich Steigung zu bieten. Nachdem die meiste Strecke im Wald verläuft stört die Hitze nicht allzusehr und das beste: direkt an der Straße stehen Steinpilze und Rotkappen, die wir nur einsammeln müssen. Vor dem steilsten Stück werden wir von zwei älteren E-Bikern überholt und wir ratschen kurz mit ihnen. "Jetzt kommt dann ein sehr steiles Stück, da müsst ihr sicher schieben" tönen sie. Das ist natürlich Futter für unsere Motivation und die Mädels ziehen los als ob sie die beiden Motor-Fahrer gleich wieder überholen möchten. Da komme ich mit 50 kg Gepäck zwar nicht hinterher, aber mit dem kleinsten Gang lässt sich die Steigung trotzdem gut bewältigen. Nur Sabine muss mit ihrer defekten Schaltung kurz kapitulieren. Die ausgiebige Mittagspause nutzen wir, um unseren Schwammerl-Vorrat noch weiter aufzustocken und radeln dann nur noch wenig ansteigend weiter bis zum schönen Campingplatz oberhalb von Spiegelau.
Da der Nachmittag noch nicht allzu fortgeschritten ist, wollen wir noch einen Ausflug mit dem Bus in den Nationalpark machen. Wir rollen 100 Höhenmeter hinab nach Spiegelau zur Bushaltestelle und kurz drauf kommt auch schon der IGEL-Bus. Wir fahren damit bis zur Endstation am Nationalparkzentrum Lusen und machen einen gemütlichen Spaziergang durch das Wildfreigehege. Bereits auf der Karte sehen wir, dass man die Runde nicht komplett gehen muss, sondern nur in eine Richtung und man dann wieder an einer anderen IGEL-Bus-Haltestelle rauskommt. Viele Tiere lassen sich bei der Hitze zwar nicht blicken, aber immerhin können wir den Luchs beim Dösen beobachten. 10 Minuten vor der Rückfahrt des Busses sind wir draußen bei der IGEL-Bushaltestelle. Entsetzt stellen wir fest, dass unsere Buslinie genau diese Haltestelle nicht anfährt. Leider ist es der letzte Bus für heute. Wir finden auf die Schnelle auch nichts über die Fahrroute des Busses heraus und in den noch verbleibenden 5 Minuten haben wir auch keine Chance bis zur Haltestelle am Nationalparkzentrum zu kommen. Irgendwann stehen wir dann mit dem Daumen an der Straße und hoffen dass uns jemand mitnimmt. Leider fahren um diese Zeit kaum noch Autos auf der Strecke und die wenigen rasen vorbei ohne anzuhalten. Zwischendurch versuche ich bei einem Taxiunternehmen anzurufen, aber da geht niemand ran. Irgendwann hält dann doch eine nette Frau, verfrachtet ihren Hund in den Kofferraum und nimmt uns mit zurück nach Spiegelau zu unseren Fahrrädern. Gerade noch rechtzeitig. Im letzten Licht und bei den ersten Tropfen strampeln wir die Steigung hinauf zum Campingplatz, dann legt das Gewitter los. Zum Glück gibt's an dem Campingplatz ein kleines Aufenthaltshäuschen, wo wir unsere üppige Schwammerlausbeute vom Nachmittag in aller Ruhe im Trockenen zu einem sehr leckeren Abendessen verarbeiten können.
Mittwoch 16.8.2023: Spiegelau - Schrottenbaummühle
An unserem vorletzten Radltag steht nochmal eine turbulente Topografie auf dem Programm mit vielen Anstiegen aber noch mehr Abfahrten. Zuerst geht's von Spiegelau ins bergige Städtchen Grafenau, wo wir am Busbahnhof ein filmreifes "Diss-Battle" zwischen einem Sumo-Ringer ähnlichen Busfahrer und einem Rumpelstielzchen von LKW-Fahrer miterleben. Das scheint eine Schattenseite der "Waidler" zu sein: Sobald sie hinter einem Fahrzeugsteuer sitzen, mutieren viele der eigentlich gutmütigen Einheimischen plötzlich zu aggressiven Idioten. Das bekommen wir auch auf unserer Tour heute zu spüren. Wir folgen dem ausgeschilderten Donau-Bayerwald-Radweg, der entlang der Ilz führen sollte, aber sich immer wieder mehr oder weniger weit von dem relativ tief eingeschnittenen Tal entfernt. Die Streckenführung dieser angeblichen Radroute ist schon fast eine Frechheit. Es wurden nur ein paar Schilder aufgestellt, aber offensichtlich nicht drüber nachgedacht, was das für die Radler bedeutet. So sind einige Strecken entlang viel befahrener Straßen dabei, wo man längere Strecken bergauf radeln muss. Die zahlreichen tschechischen LKW müssen hinter uns den Berg raufkriechen. Einer setzt dann zum Überholen an, ein entgegenkommender Bus muss eine Vollbremsung hinlegen und der Laster drängt mich beim Einscheren trotzdem noch fast von der Straße. Auch danach folgen noch Strecken an der Landesstraße, wo äußerst aggresive Autofahrer unterwegs sind, die uns mit laut aufheulendem Mortor überholen und uns wütende Gesten entegenschleudern. Zwischendurch führt die Ausschilderung wieder weg von der Straße und über zugewachsene, grobschottrige Feldwege steile Berge hinab und hinauf. Immerhin bringt uns der Radweg nach Tittling und damit fast direkt an der einzigen Eisdiele weit und breit. Das gute Eis und die nette Bedienung versöhnen uns wieder etwas mit der Etappe. Alles in allem ist es für uns aber der nervigste Abschnitt des ganzen Urlaubs mit vielen mühsamen Steigungen, unschönen Radlstrecken, heiklen Situationen und relativ wenigen Kilometern die wir vorwärts kommen. Unser Ziel ist dann die Schrottenbaummühle in toller Lage an der Ilz - ein uriges Gasthaus mit angeschlossenem Zeltplatz, wo die Mühen des Tages schnell wieder vergessen sind.
"Ich bin in den vergangenen sechs Wochen 1200 Kilometer geradelt, aber die letzten 30 Kilometer hierher waren mit Abstand die schlimmsten, ich dachte schon, ich muss jetzt dann einen Hubschrauber rufen". Mit diesen aufmunternden Worten beschreibt uns am Morgen unseres letzten Radltags ein anderer Fernradler die Strecke von Passau zur Schrottenbaummühle, die wir uns in umgekehrter Richtung vorgenommen haben. Allerdings ist für uns nicht genau nachvollziehbar auf welcher Route er genau unterwegs war. Auf das Schlimmste gefaßt machen wir uns auf den Weg. Eine gut fahrbare Forststraße führt flach am Ufer der Ilz entlang. An einer Holzbrücke entscheiden wir das Ufer zu wechseln und es geht weiter wie gehabt, wenn auch gelegentlich etwas bergauf und bergab, aber komplett harmlos. Bald sind wir im ersten Ort an dem wir laut unserer geplanten Route das Tal verlassen und durch die Ortschaften hoch oben auf den Hügeln Richtung Passau radeln müssen. Insgesamt drei Anstiege sind zu bewältigen, aber alle sind dankbarer als die Strecke vom Vortrag. Deutlich früher und entspannter als erwartet rollen wir den steilen Berg hinab nach Passau und landen direkt am Zeltplatz der Ilzstadt. Wir bauen das Zelt auf und radeln anschließend zur Altstadt, wo wir eine Sightseeingfahrt mit dem Schiff auf Donau und Inn unternehmen. Im Anschluss suchen wir uns noch ein gemütliches Café für das obligate Tourenabschluss-Eis. Pünktlich zu unserer Rückkehr am Zeltplatz zieht ein Gewitter auf und wir suchen uns einen überdachten Platz zum Kochen.
Freitag 19.8.2023 - Passau und Heimfahrt
Am letzten Urlaubstag steht nur noch die Heimreise mit dem Zug an. Die für uns praktikabelste Zugverbindung startet allerdings erst gegen 14 Uhr, so dass wir den Vormittag noch mit einem gemütlichen Altstadtbummel (mit einem zweiten Frühstück im Cafè Fiona!) und dem Besuch des Orgelkonzerts im Stephansdom mit der größten Kirchenorgel der Welt verbringen. Eine Zugfahrt mit vier Fahrrädern plus Gepäckanhänger ist immer ein Abenteuer und so sind wir schon etwas angespannt wie es diesmal laufen wird. Von Passau weg ist es unkritisch, da wir als Erste in den leeren Zug einsteigen und unsere Fahrzeuge in Ruhe verstauen können. In Neumarkt St. Veit müssen wir umsteigen. Beim Aussteigen und Ausladen der Räder hilft uns ein anderer Fahrradfahrer etwas, dann kommt der spannendste Moment. Der Zug aus Landshut fährt ein - und ist ziemlich voll. Im Fahrradabteil stehen bereits zwei Räder und mehrere Personen mit Gepäck herum. Die beiden anderen Radler sind aber super hilfsbereit und helfen uns beim Einladen und Hineinschichten der Räder. Der Anhänger hat allerdings keinen Platz mehr, daher flitze ich schnell zur nächsten Türe und parke ihn dort im Einstiegsbereich. In der Südostbayernbahn können Fahrräder kostenlos transportiert werden und so steigen mehrmal Radler ein und wieder aus - es funktioniert aber alles reibungslos. In Rosenheim verlassen wir den Zug bereits am Bahnhof "Hochschule", aber inzwischen sind wir so geübt im Ausladen, dass dem Zug durch unser aufwändigeres Aussteigen kaum ein Zeitverlust entsteht. Auf dem Heimweg gibts noch einen Stop bei Sabines Eltern zum Abendessen und bei Sonnenuntergang radeln wir über den Brückenberg nach Hause.