Bergschuhe und Wanderschuhe
Kein anderer Ausrüstungsgegenstand bei Bergtouren ist so essentiell wie das richtige Schuhwerk. Schuhe bilden die "Basis" auf der wir uns durch das Gelände und auf allen Untergründen bewegen. Wer in einen Bergsportladen oder einen Webshop geht, wird vom riesigen Angebot an Schuhen nahezu erschlagen. Für fast jeden Zweck gibt es spezielle Schuhe. Ein bergsteigender Allrounder - so möchte man meinen - braucht im Keller ein eigenes Schuhregal, um die vielen Bergschuhe oder Freizeitschuhe zu lagern. Ganz so wild ist es jedoch nicht. Theoretisch könnte man mit jedem Schuh fast alles machen, sofern man bei der "Performance", beim Komfort und/oder Lebensdauer gewisse Kompromisse eingeht. Die Balance aus Spezialisierung und Vielseitigkeit des Schuhwerks muss aber jeder anhand seines Könnens, seiner Bedürfnisse und seines Budgets selber finden. Im Folgenden hab ich Kategorien gebildet in die sich die meisten der angebotenen Modelle einordnen lassen. Eine gängige Kategorisierung A, B, C, D wurde bereits in den 70er Jahren von der Firma Meindl entworfen - dieses System erklärt Judith Hackinger im Bergzeit-Magazin - bei mir findet ihr deren Entsprechung jeweils in der Klammer der Zwischenüberschrift. Neben dem kurzen Überblick findet ihr die wichtigsten Einsatzszenarien. Generell gilt bei Schuhen, sie sorgfältig anzuprobieren. Wer noch wenig Erfahrung hat, sollte sich ausgiebig von einem Sportartikelfachverkäufer beraten lassen. In Rosenheim kann ich hierfür die Beratung bei Montagne-Sport empfehlen.
Modische und bequeme Freizeit-/Wanderschuhe (Kategorie A)
Dabei handelt es sich um Halbschuhe, bei denen die Passform und das Design wichtiger sind als die Funktionalität. Trotzdem sollte die Sohle genügend "Grip" aufweisen, um auch auf rutschigem Untergrund noch etwas Halt zu haben. Je nach Marke und Ausführung können die Preise stark voneinander abweichen. Für Gelegenheitswanderer, die ausschließlich auf befestigten Wegen und bei gutem Wetter unterwegs sind die perfekte Wahl. Der Schuh lässt sich auch im Alltag tragen wodurch er nicht die meiste Zeit im Regal steht. Problematisch wird der Einsatz von Wanderschuhen aus dieser Kategorie im weglosen Gelände und bei starker Nässe (lehmigen Wegen) sowie im Geröll. Dann bieten sie oft nicht mehr ausreichende Performance und verschleißen sehr schnell. Wer sie danach noch auf die Party anzieht, sollte zumindest resistent gegenüber den Kommentaren seiner Freunde sein. Für längere Touren dieser Art ist es empfehlenswert, den Fokus auf hochwertige Produkte mit entsprechender Dämpfung und gutem Fußbett zu legen, das gilt vor insbesondere für Leute, die gesundheitliche Probleme mit den Gelenken oder Füßen haben. Beispiele für diesen Schuhtyp mit Gesundheitsaspekt gibt es bei VAMOS in der Freizeitkategorie für Herren und für Damen. Besonders hat sich VAMOS auf weite Füße spezialisiert.
Funktioneller Halbschuhe (Kategorie A)
Der Übergang zum aus der vorherigen Kategorie zu den funktionellen Halbschuhen ist fließend. Diese Art von Sportschuhen zielt auf die Bedürfnisse einer sehr speziellen Zielgruppe ab. Ein Beispiel sind Trailrunning-Schuhe für Bergläufe, Waldläufe oder Crossläufe. Auch sogenannte Zustiegsschuhe fallen in diese Gruppe. Sie dienen dem Kletterer dazu, vom Ausgangspunkt bis zum Einstieg einer alpinen Kletterroute zu kommen. Dort werden dann die Kletterschuhe angezogen und die Zustiegsschuhe wandern in den Rucksack oder man hängt sie an den Klettergurt. Wer die Zustiege in alpinen Klettergebieten wie dem Wilden Kaiser oder den Dolomiten kennt weiss, dass dafür oft wegloses Gelände mit steilem Gras, Schnee, Geröll und oft auch leichte Felskletterpassagen gemeistert werden müssen. Daher wird bei diesen Schuhen großer Wert auf Stabilität von Sohle und Leder gelegt um bestmögliche Performance und lange Haltbarkeit zu sichern. Halbschuhe sind leichter und im Rucksack platzsparender als über den Knöchel reichende Trekkingschuhe und Bergschuhe. Daher geben ihnen Kletterer oft den Vorzug, selbst im anspruchsvollen Gelände. Ein typischer Zustiegsschuh wäre beispielsweise der Zen (Pro) von Scarpa.
Trekkingschuhe und Leichtbergstiefel (Kategorie B und C)
Sobald anspruchsvolle Steige, wegloses Gelände mit Geröll, Schrofen und steilen Grashängen und Schneefelder ins Spiel kommen ist in den meisten Fällen ein Schuhwerk mit höherem Schaft empfehlenswert. Das schützt nicht nur (in Grenzen) vor dem Umknicken, sondern verhindert vor allem, dass Steine, Schnee oder Schmutz von oben in den Schuh fallen. Auch gegen Nässe bei Regen oder feuchtem Gras wird der Fuß geschützt. Eine Gore-Tex-Membrane im Schuh hilft dabei, die Nässe abzuhalten, auch dann wenn die Imprägnierung des Leders schwächelt. Je anspruchsvoller und rauer das Gelände ist, um so stabiler sollte der Schuh gebaut sein und umso weniger Nähte sollte er aufweisen. Nähte sind immer potentielle Schwachstellen, die in Geröllfeldern schnell mal aufgescheuert werden. Die stabileren Modelle (Kategorie C) sind bereits für das Anlegen von Steigeisen mit Riemenbindung geeignet - für anspruchsvollere Hochtouren sollte man sich jedoch einen steigeisenfesten Bergschuh gönnen. Ein typischer stabiler Trekkingschuh für längere Touren im anspruchsvollen Wandergelände ist zum Beispiel das Modell Tibet GTX von Lowa. Weitere Schuhtypen dieser Kategorie sind speziell für Klettersteige optimierte oder besonders gefütterte Winterstiefel zum Beispiel zum Schneeschuhwandern.
Steigeisentaugliche Bergschuhe (Kategorie D)
Wer im ewigen (bzw. langsam weniger werdenden) Eis und Schnee der Gletscherregionen unterwegs sein möchte, kommt um einen steigeisentauglichen Bergstiefel nicht herum. Während ein stabiler Trekkingschuh das Anlegen einer Riemenbindung zwar erlaubt, diese aber nur für flache Gletscherwanderungen sinnvoll ist, hat ein richtiger Bergschuh zumindest an der Ferse eine Kerbe für eine Kipphebelbindung. Darüberhinaus werden höhere Anforderungen an die Stabilität und die Wasserdichtigkeit des Schuhwerks gestellt. Dass damit aber auch höheres Gewicht und weniger Bewegungsfreiheit (zum Beispiel zum Klettern) einher gehen versteht sich von selbst. Deshalb sind die schweren Bergschuhe im Voralpengelände eher suboptimal oder höchstens für die kalte Jahreszeit sinnvoll, wenn über längere Strecken im Schnee gewandert werden muss. Für Expeditionen zu den richtig kalten Bergen der Sechstausender- bis Achttausender-Region gibt es speziell gefütterte Expeditionsschuhe.