Skisafari über den Lämpersberg

Skisafari zum Lämpersberg

Tagestour mit Öffis als Sektionsveranstaltung

„Skisafari vom Alpbachtal in die Wildschönau über den Lämpersberg – Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln" – so steht’s im Programm der DAV-Sektion Bergbund Rosenheim. Die Mitglieder der Sektion sind über den ganzen Landkreis verstreut und überwiegend „PKW-gewohnte Landeier". Die wenigsten nutzen öffentliche Verkehrsmittel im Alltag, schon gar nicht für Skitouren. Bei Gesprächen merkt man oft, dass große Vorbehalte diesbezüglich bestehen. Deshalb habe ich diese Tour ins Programm aufgenommen, bin aber gespannt, wie das Angebot ankommt. Tatsächlich melden sich in den Wochen vorher mehrere Interessenten und kurz vor dem Wochenende habe ich dann vier Teilnehmer auf der Liste. Ich fülle dann noch mit meinen Freunden Angie und Michael auf, die zwar bei einer anderen Sektion sind, was aber bei freien Plätzen kein Problem ist.

Samstag, 7 Uhr: Ich ziehe die Tourenskischuhe an, werfe meine Tourenski inklusive mit Klettband daran befestigter Stöcke in einen ausrangierten Kinder-Fahrradanhänger und radle damit 10 Minuten zum Bahnhof Rosenheim. Dort erwartet mich am Bahnsteig bereits der Matthias. „Ich hab heute mal den Bus ausprobiert“, erklärt er mir und mit Blick auf meine Skistiefel „Fahrradfahren wollte ich damit nicht.“ Er hat es allerdings auch noch nie versucht. Für 2 km im flachen Radeln finde ich es absolut unproblematisch. „Guten Morgen“, kommt es von hinten. Es ist Schorsch, er ist von Thansau zum Bahnhof geradelt, auch mit Tourenskischuhen. Kurz darauf fährt auch schon unser Nahverkehrszug von München nach Kufstein ein. Darin erwarten uns Michael, Angie und Jan, die in München eingestiegen sind. In Brannenburg steigt noch die Ulli zu, dann sind wir komplett. „Ich finde es super, wie man auf so einer Fahrt nach und nach die ganze Gruppe einsammelt“, meint Michael. Ich stimme ihm zu. Im Gegensatz zur Anreise mit dem Auto, mit oft lästigen Zwischenstopps an kalten, zugigen Pendlerparkplätzen, wo man dann manchmal vor Ort noch die Nachricht bekommt: „Brauche noch 10 Minuten.“ „Stau!!!“, ist es die angenehmere Methode, eine Gruppe zu organisieren. 

Apropos Stau: Hier aus unserem Zug, am Samstagmorgen, kurz vor acht, zeigt uns der Blick zur benachbarten Inntalautobahn, dass bei jemandem gerade überhaupt nichts vorangeht. Wir sind das allerdings nicht, denn wir sind gleich in Kufstein. Zum Umsteigen haben wir gut 10 Minuten Zeit – perfekt, um dem guten Bäcker direkt am Bahnhof noch einen Besuch abzustatten. Kurz darauf sitzen wir im Regionalexpress in Richtung Innsbruck. „Was für ein Zug!” Michael ist begeistert. Wie aus dem Ei gepellt, komfortabel, sehr freundliches Design, Skihalterung. „Mit solchen Zügen fährt man doch gerne.“ Da sind wir uns einig. Größer könnte der Kontrast zu den grauen, spartanisch ausgestatteten und oft abgeranzten Nahverkehrszügen in Deutschland kaum sein. Österreich ist uns diesbezüglich um Längen voraus. Zumindest momentan noch – leider hat sich eine knappe Mehrheit in dem Land aktuell für den Weg in Richtung Vergangenheit entschieden. Es bleibt zu hoffen, dass die fortschrittliche Verkehrspolitik der letzten Jahre nicht komplett abgewürgt wird. Mit dem Klimaticket hat Österreich eine wirklich geniale Errungenschaft um die sie ganz Europa beneidet, das wäre extrem bitter, wenn das nun engstirniger Rückwärtsgewandheit zum Opfer fiele (hier gibts eine Petition, die den Erhalt des Tickets unterstützt).

Noch einmal müssen wir umsteigen: In Brixlegg vom Zug in den Bus, der uns hinauf fährt nach Inneralpbach in den westlichen Kitzbüheler Alpen. Alle 10 Minuten fährt hier am Morgen ein Skibus. Der Erste kommt schon, als wir den Bahnhof verlassen. „Den nehmen wir nicht, der fährt nur bis zur Talstation des Skigebiets“, weiß ich noch von unserer Erkundungstour eine Woche vorher. Aber kurz darauf kommt auch schon der richtige Bus angefahren und der entlässt uns dann eine gute halbe Stunde später ganz hinten in Inneralpbach in den Winter. Winterlich sind zumindest die Temperaturen – der Blick talauswärts hingegen erinnert eher an den Frühling. „Oje, hat's hier wenig Schnee“, klagt Angie. Tatsächlich sind die Südwesthänge am Schatzberg und die Südhänge an der Gratlspitze braun und grün. Aber hier im Talgrund liegt genug Schnee für uns und so marschieren wir auf der Loipe in den Luegergraben.

Nach 20 Minuten kommen wir am Parkplatz vorbei, wo die Münchner und Rosenheimer Autonummern in der Überzahl sind. „Parkgebühr 3 Euro“, heißt es hier. Die können wir uns sparen, genauso wie das Autobahnpickerl und natürlich die Kosten für das Autofahren. Das „Einfach-Raus-Ticket“ für fünf Personen gilt in ganz Tirol und kostet 49 Euro. Michael und ich haben eine Tiroler Vorteilscard und zahlen für die Einzeltickets auch ungefähr 10 Euro pro Person von Kufstein bis Brixlegg (der Skibus ins Alpbachtal ist kostenlos) und nachmittags von der Wildschönau zurück nach Kufstein. In Deutschland fahren wir mit Deutschlandticket, der Schorsch braucht ein MVV-Tagesticket Rosenheim-Kufstein für 13,50 Euro. Viel günstiger käme man als PKW-Fahrgemeinschaft auch nicht weg.

Im eiskalten Talgrund marschieren wir jetzt auf der Rodelbahn taleinwärts – eingereiht in eine Kolonne aus Tourengehern und Rodlern. Kurz vor der Faulbaumgartenalm kommen wir an einer Straßenkehre in die Sonne. „Machen wir eine kurze Trinkpause“, schlage ich vor. Frisch gestärkt verlassen wir nun die präparierte Piste und folgen einer kleinen Forststraße links aufwärts bis zu einer Jagdhütte. Dort führt der Sommerweg steil durch einen kurzen Waldgürtel aufwärts, in dem kein Schnee liegt, so dass die Ski kurz getragen werden müssen. Aber nach 10 Minuten wird das Gelände flacher und der Wald lichter und auf einen Schlag hat es wieder genug Schnee. Und was für einen Schnee! Unverspurter Noppenpulver glitzert uns entgegen. Über die flache Almwiese ziehen wir hinauf zum steilen Südhang des Lämpersbergs. Dort sind jetzt auch einige Spitzkehren nötig, aber kurz darauf stehen wir schon am Gipfelgrat und das große Gipfelkreuz ist zu sehen.

Mit der Einsamkeit ist es nun auch vorbei, da doch einige Tourengeher aus der Wildschönau heraufkommen. Entsprechend groß ist der Andrang am Gipfel, zu dem sich dann auch noch unsere siebenköpfige Gruppe gesellt. Gegenüber letzter Woche herrschen deutlich angenehmere Temperaturen, so dass wir die Gipfelpause genießen können. „Wir sollten um dreiviertel eins abfahren, wenn wir den Bus kurz vor drei erwischen wollen“, verkünde ich. Es fährt zwar stündlich ein Bus, allerdings gibt es an der Haltestelle keine Einkehrmöglichkeit. In der Kälte warten wollen wir vermeiden. „Jetzt machen wir erst noch ein Gipfelfoto“, drängelt der Michael. Das ganze Prozedere zieht sich etwas, aber irgendwann sind dann alle abfahrtsbereit.

Über den Grat schwingen wir zuerst auf bekanntem Weg hinab, dann biegen wir nach Norden ab und sind von da an im Schatten. Das hat den Vorteil, dass das Fotolicht nicht mehr attraktiv ist und wir uns zumindest nicht mehr lange mit Fotopausen aufhalten müssen. Ich behalte die Uhr im Blick und mache ein wenig Tempo – sobald die Gruppe komplett ist, fahre ich weiter. Alle Teilnehmer sind gute Skifahrer, von daher kommen wir zügig voran, wobei die fehlenden Abfahrtspausen dem ein oder anderen zu schaffen machen. Und 1300 Höhenmeter wollen erstmal abgefahren werden, dazu kommt noch ein kurzes Waldstück, durch das wir die Ski aufgrund der aktuell spärlichen Schneelage fünf Minuten abwärts tragen müssen. „Jetzt könnte es sein, dass wir den Bus gerade um ein paar Minuten verpassen!“, äußere ich meine Befürchtung vor dem Tragestück beim Abschnallen der Ski. Aber das scheint zu helfen. Alle beeilen sich und nach dem Waldstück kommen nur noch ideal geneigte Wiesen mit perfektem Schnee: hartgefrorene Unterlage mit 5 cm Pulverschneeauflage. Ich düse die 250 Hm ohne Stop voraus und bin 2 Minuten vor der planmäßigen Abfahrtszeit an der Bushaltestelle. Meine Idee, den Bus anzuhalten, kommt dann gar nicht mehr zum Einsatz. Als unser „Großraumtaxi“ 2 Minuten verspätet ankommt, ist die Gruppe an der Haltestelle bereits komplett und eine gute halbe Stunde später sitzen wir alle gechillt im Café vom Bäcker Ezeb am Bahnhof in Wörgl.

Unsere Heimreiseverbindung hat relativ üppige Umstiegsreserven. Die erste nutzen wir für die obligatorische Einkehr im erwähnten Café in Wörgl. In Kufstein ist es nochmal fast eine halbe Stunde, aber hier steht der Zug schon bereit und wir ratschen einfach im Zug weiter, während sich der samstägliche Skifahrerstau nicht nur über die Autobahn, sondern auch durch die Stadt wälzt. Für uns geht’s gemütlich und ohne Stau wieder zurück und ich radle sogar noch bei Tageslicht nach Hause – was für eine Öffi-Skisafari im Januar eher ungewöhnlich ist, erst recht mit einer größeren Gruppe. Da passt Michaels Fazit doch wie die Faust aufs Auge: „Das lief ja mal wieder wie am Schnürchen“.