Skitouren für das ganze Jahr

Rezension

"Skitouren für das ganze Jahr" nennt sich dieses neue aufwändig bebilderte Buch aus dem Panico-Verlag, der ansonsten in Sachen Skitouren vor allem für seine detaillierten Skitouren-Gebietsführer bekannt ist. Der Titel klingt ungewöhnlich und für manche vielleicht sogar etwas aus der Zeit gefallen, einer Zeit in der die Winter tendenziell kürzer werden und überproportional große Reisetätigkeit für ein paar Schwünge aus Nachhaltigkeitsgründen kritisch hinterfragt werden sollte. Bei genauerer Betrachtung relativiert sich diese Befürchtung allerdings. Es werden keine exotischen Skitourenziele im Sommer angepriesen, sondern die heiße Jahreszeit dient der eher theoretischen Beschäftigung mit der Materie "Skitouren" - Tipps zur Materialpflege, Wetterkunde, Profi-Know-How zur Tourenplanung und -durchführung sowie zum Thema Lawinenkunde decken die Monate Juli, August und September ab.

Alleine durch diese komplett andere Herangehensweise grenzt sich das Werk von Andreas Brunner deutlich von der Panico-Gebietsführer-Reihe ab. Die Aufmachung und das Format tun ihr Übriges dazu. Es handelt sich um einen reinen Auswahlführer und ein Blick auf die Karte (siehe unten) zeigt, dass sich der Schwerpunkt eindeutig in den südlichen Ostalpen befindet, in einem mehr oder weniger großen Radius um den Wohnort des Autors im Herzen von Südtirol. Die vergleichsweise wenigen abseits gelegenen Ziele in der Schweiz, im Westen der italienischen Alpen und in Chamonix beschreiben herausragende Skitouren, für die sich eine weite Anreise schon mal lohnt.

Die insgesamt 68 Tourenvorschläge wurden jeweils einem Monat zugeordnet, wobei man da und dort darüber diskutieren kann wie sinnvoll es im Einzelfall ist die entsprechende Tour auch für diesen Monat zu planen. Besonders bei den Herbsttouren wird man nur spontan bei entsprechender Schneelage losziehen können und es wird viel Erfahrung oder gar lokales Wissen brauchen, um die Touren bei brauchbaren bis guten Bedingungen durchführen zu können.

Apropos Erfahrung: Der Führer richtet sich eindeutig an erfahrene, fortgeschrittene Skibergsteiger. Beim Durchblättern der Tourenvorschläge sticht sofort der hohe Anspruch der Touren heraus. Typische Anfängertouren gibt es in dem Buch eher nicht, selbst die leichtesten Routen setzen bereits etwas alpine Erfahrung, Skitechnik und Kondition für 1000 bis 1200 Höhenmeter Aufstieg voraus. Ansonsten ist das Niveau durchweg im ambitionierten Bereich - Aufstiege von 2000 Höhenmetern und mehr sind keine Seltenheit, sichere bis souveräne Skitechnik wird vorausgesetzt und oftmals führen Aufstiege durch anspruchsvolles Alpingelände. Die Beschreibungen sind eher knapp gehalten, ihre Interpretation erfordert Hintergrundwissen oder eine aktuelle Nachrecherche, zum Beispiel wenn man auf den erwähnten Hütten übernachten und die Öffnungszeiten herausfinden möchte.

Wer sich dessen bewusst ist, findet in diesem Buch eine geballte Ladung Ideen und Tipps. Hinter den "nur" 68 Touren steckt nämlich bei genauerem Hinsehen noch viel mehr Information, da es sich oft im Kombinationen und Rundtouren zusammengesetzt aus mehreren Einzeltouren handelt. Zudem sind auch Mehrtagesttouren oder Gebietsbeschreibungen für einen Skitourenurlaub enthalten, in denen mehrere Tagestouren zusammengefasst sind.

Fazit: Für sehr gute Skifahrer mit Kondition und alpiner Abenteuerlust bietet dieses Buch eine grandiose Inspiration für absolut ungewöhnliche Winterunternehmungen, die man so weder in der üblichen Literatur noch im Internet findet. Aber auch der erfahrene Durchschnitts-Skioturengeher wird seinen Spaß an diesem Buch haben. Für ihn gibt es zahlreiche Tourenvorschläge abseits der eingefahrenen Modetouren und das Blättern durch die tollen Bilder bietet viel Stoff zum Träumen.