Skialpinismus in der Mieminger Kette
Free-Ski-Führer für ambitionierte Winterbergsteiger
Titel: Skialpinismus in der Mieminger Kette
Autor: Reinhold Scherer
Verlag: Panico-Alpinverlag, Köngen, 1. Auflage 2013
Seiten: 408
Preis: 29,80 €
Für wen: Für Winteralpinisten, die gut auf den Skiern stehen
Wo: Bestellen beim Panicoverlag
Rezension
Der Skialpinismus in seiner reinsten Form möchte sich seine Wege im Winter auf und vor allem von den Gipfeln unter Zuhilfenahme von Tourenski suchen. Im Gegensatz zum normalen Skitourengehen, bei dem in erster Linie das Genießen von Landschaft und Abfahrt im Vordergrund steht, sucht der Skibergsteiger eine alpinistische Herausforderung. Das kann das Besteigen eines Gipfels sein oder die Abfahrt über eine schwierige Route. In der fortgeschrittenen Preisklasse spricht man dabei von Hangneigungen jenseits der 45 - 50 Grad und durchaus kommt dabei auch einmal das Seil für zur Sicherung oder zum Abseilen zum Einsatz.
Die Mieminger Kette ist ein schroffer Gebirgszug zwischen Wettersteingebirge und Inntal, der trotz seiner eindrucksvollen - und hoch über der viel befahrenen Inntalautobahn gut sichtbaren - Position Sommers wie Winters immer noch eher ein "Insidergebiet" ist. Mit Ausnahme der beliebten Grünsteinumfahrung und der bei den Tirolern beliebten Wankspitze halten sich die winterlichen Besuche in Grenzen und im Sommer beschränkt sich der große Andrang auch auf ein paar Paradegipfel, Klettersteige und von Climbers Paradise eingerichtete Kletterspots.
Umso erstaunlicher ist es, dass der Panico-Verlag jetzt mit Reinhold Scherers Freeski-Führer ein mehr als 400 seitiges Werk druckt, das sich dieses "Mauerblümchen" vorknöpft und die vielfältigen Möglichkeiten für skialpinistische Unternehmungen in den Mieminger Bergen dokumentiert. Sicherlich gibt es eine agile Szene im Herzen Tirols und im angrenzenden südbayerischen Raum, die sich für anspruchsvolle Wintertouren begeistern kann, aber ob das für einen rentablen Absatz eines solchen Buches reichen wird ist doch sehr fraglich. Daher muss man den Verlag beglückwünschen, die aufwändige Produktion dieses Führers gewagt zu haben.
Und nun zum Inhalt des Buches. Nach einem vergleichsweise ausführlichen Einleitungsteil, der sich auf 50 Seiten mit Geschichte, technischem Hintergrundwissen und Praxistipps des anspruchsvollen Skibergsteigens beschäftigt, werden 150 Unternehmungen an den Bergen zwischen Hoher Munde und Hochwannig, incl. ein paar weniger "Sonderziele" an den umliegenden Bergen (Zugspitz/Neue Welt, Tschirgant, Daniel) präsentiert. Jede Linie wird mit einem sehr aussagekräftigen Übersichtsbild mit eingezeichnetem Routenverlauf dargestellt. Die Beschreibung beginnt mit einem subjektiven Charakterisierungstext gefolgt von Aufstiegs- und Abfahrtsbeschreibung. Sehr viel Wert wurde auf die Schwierigkeitsbewertung gelegt, die auf den ersten Blick etwas komplex erscheint, sich aber bei näherer Betrachtung als recht logisch erweist.
Der Autor, Reinhold Scherer, ist den meisten Kletterern ein Begriff. Es gibt wohl kaum ein Klettergebiet in Tirol, das keine von ihm erschlossene Route beherbergt und als Geschäftsführer der Innsbrucker Kletterhalle Tivoli sowie als Trainer und Mentor vieler Tiroler Nachwuchsbergsteiger ist er seit Jahrzehnten ein Fixstern in der Österreichischen Bergsportszene. Von seinem Wohnort am Mieminger Plateau hat er viele Abfahrtslinien dieses Führers täglich vor Augen und sie im Laufe der letzten Jahre alle selbst unter die Bretter genommen. Diese detaillierte Ortskenntnis und der tägliche Blick auf die lokale Schneelage fehlen allerdings den allermeisten anderen Skibergsteigern, weshalb sehr häufige Fehlversuche und Rückzüge vorprogrammiert sein werden, wenn man sich anhand dieses Führers an die vielen etwas anspruchsvolleren Linien wagen möchte. Trotzdem stellt das Buch eine geniale Inspiration dar und darf im Bücherregal eines ambitionierten Skialpinisten auf keinen Fall fehlen.