Schlüsselstellen
49 Geschichten aus den Bergen
Titel: Schlüsselstellen
Autorin: Christine Kopp
Verlag: Eigenverlag
Seiten: 110
Preis: 19,80 €
Für wen: Bücherfreunde mit und ohne bergsteigerischem Hintergrundwissen
Wo: online beim Panico-Alpinverlag
Rezension
Als Schlüsselstelle beim Bergsteigen oder Klettern wird üblicherweise die schwierigste, kniffligste oder auch gefährlichste Passage einer Route bezeichnet. Die Schlüsselstelle entscheidet dabei nicht nur über die Bewältigung des Weges, sondern bleibt oft auch am lebhaftesten in Erinnerung. Genau das ist die Intention für das feine Buch der Schweizerin Christine Kopp, Übersetzerin, Journalistin und Redaktorin mit Spezialgebiet Alpinismus: die intensivsten Erinnerungen aus einer Unzahl an Bergerlebnissen, attraktiv aufbereitet, anderen Bergsteigern zu erzählen. Der edle Hardcover-Einband fällt als erstes auf - mit seinem kräftigen Rot und den beiden eigenwilligen Fotomontagen auf der Vorder- und Rückseite. "49 Geschichten aus den Bergen" verspricht der Untertitel und die Überschlagsrechnung bezogen auf die Gesamtseitenzahl von 110 ergibt eine übersichtliche Länge von grob zwei Seiten pro Erzählung. Man darf also durchaus Kurzweil erwarten.
Wer bereits Texte von Christine Kopp gelesen hat - seien es die Bücher, die sie aus anderen Sprachen ins Deutsche übersetzt hat oder Artikel in den diversen Bergsport-Magazinen - kennt ihre klare und prägnante aber doch ungemein facettenreiche Ausdrucksform. Und damit erzählt sie uns von kleinen Gegebenheiten auf ihren geliebten Skitouren in den Schweizer Bergen, von Trekkingtouren und Bergbesteigungen im Himalaja und einigem anderen mehr. Eigentlich handeln die Geschichten aber fast immer von den Begegnungen mit Menschen, von deren Stärken, Schwächen und Eigenarten. Auch ihrer "weiblichen" (sehr entspannten) Sicht des Bergsteigens und dem Sinn dahinter verschafft sie immer wieder Gehör. Bergsteigen aus Prestigegründen, Leistung um jeden Preis, das Eingehen hoher Risiken und dies anschließend großspurig unter die Leute bringen, mit Scheuklappen zum Gipfel rennen sind nicht das Ihre. Das ist sicherlich einer der größten Unterschiede zu ähnlichen alpinen Kurzgeschichten, die sonst in der Mehrzahl von Männern verfasst werden.
Damit das Büchlein nicht zu textlastig wird, hat sich die Autorin etwas Besonderes einfallen lassen. Sie konnte Alexander Luczy - einen tschechisch-stämmigen Fotokünstler - dafür gewinnen einige seiner spannenden, oftmals witzigen und immer sehenswerten Schwarz-Weiß-Fotomontagen zu präsentieren. In einigen Werken implementiert er dabei in atemberaubende Landschaftsaufnahmen etwas fremd wirkende Bergsteiger was vielleicht darauf hinweisen soll, dass der Mensch im Hochgebirge nur geduldeter Gast ist. Andere Abbildungen lassen wiederum völlig andere Interpretationen zu. Das Betrachten der Bilder kann daher ähnlich interessant und unterhaltsam sein wie die Texte von Christine Kopp. Fazit: Die "Schlüsselstellen" sind ein rundum gelungenes Werk und als "leicht verdauliche" Kost zur Unterhaltung genauso geeignet wie als anspruchsvollere Literatur für den Leser, der gerne etwas mehr über die Texte und Bilder nachdenken möchte.