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Lehrschrift Lawinen: Verstehen - Vermeiden - Praxistipps

Verstehen - Vermeiden - Praxistipps

Titel: Lawinen - Wissen und Praxis

Untertitel: Verstehen - Vermeiden - Praxistipps

Autor: Eike Roth

Verlag: Bergverlag Rother 2013

Seiten: 304

Preis: 29,90 €

Für wen: Für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis, die einen umfassenden Überblick über alle Aspekte der Lawinenkunde wollen.

Wo: Online bei Amazon

Rezension

Das Thema Lawinengefahr ist für alle Skitourengeher im Winter ständig präsent - sei es beim täglichen Abrufen des Lawinenlageberichts, bei der Tourenplanung, unterwegs auf Skitour und ganz speziell bei der Beurteilung des Einzelhanges. Dabei ist die Materie sehr vielschichtig und komplex und die Herangehensweisen bei der Abschätzung des Lawinenrisikos unterscheiden sich selbst unter Experten zum Teil fundamental. Neben der klassischen, analytischen Lawinenkunde, mit der unter anderem die Lawinenlageberichte arbeiten, gibt es seit Werner Munter auch die neue Lawinenkunde, die anhand statistischer Verfahren versucht, das Lawinenrisiko für den einzelnen Wintersportler zu minimieren.

In den Kursinhalten der Alpenvereine finden sich dabei recht deutliche Abweichungen je nach dem in welchem Land die Ausbildung stattfindet. Alle paar Jahre kommen neue Strategien hinzu, die nicht selten gängige Lehrmeinungen komplett über den Haufen werfen. Zu den vielen Lehrbüchern und Fachpublikationen, die sich diesem Thema widmen, ist jetzt eine Neuerscheinung des Rother Bergverlags hinzugekommen. Auf über 300 Seiten beleuchtet Eike Roth die Lawinenkunde.

Der Autor - ein studierter Physiker - beginnt mit den Grundlagen der analytischen Lawinenkunde und erklärt Einzelheiten und Zusammenhänge von Schneephysik, Bruchmechanik und Lawinentypen in einer großteils auch für Laien gut verständlichen Form. In seinem umfassenden Kapitel "Praktische Lawinenkunde" werden dann in erster Linie die verschiedenen Risiko-Management-Systeme (Reduktionsmethode, Snowcard, Stop or Go) thematisiert und analysiert. Sehr deutlich legt Roth den Schwerpunkt bei Beurteilung des Lawinenrisikos auf diese probabilistischen Methoden, die analytische Vorgehensweise hingegen lässt er eher außen vor, bzw. relativiert deren Eignung stark. Zu guter Letzt widmet sich das Buch noch der Verschüttetensuche und Kameradenrettung, die der ehrenamtliche Bergretter ebenfalls großteils sehr sachkundig und kompetent abhandelt.

Im gesamten Buch werden Zusammenhänge sehr ausführlich behandelt und trotz der oft komplizierten Sachverhalte versteht es der Autor meist, sie so verständlich zu erklären, dass auch der weniger fachkundige Leser eine Chance hat alles zu verstehen. Allerdings wiederholt sich der Autor häufig und viele Passagen wirken dadurch etwas langatmig. Insbesondere im Praxisteil und beim Thema Kameradenrettung ist das Lehrbuch recht textlastig geworden - das ein oder andere zusätzliche Bild hätte dem Buch vor allem optisch noch gut getan, wobei dann der sowieso schon dicke "Wälzer" nochmal zugenommen hätte. Möglicherweise wäre mit erläuternden Zeichnungen und Skizzen einiges an Text weggefallen, was sowohl dem Layout als auch der Methodik zugute gekommen wäre. Nichtsdestotrotz finden sich zahlreiche sehr eindrucksvolle und aussagekräftige Fotos in der Lehrschrift, die den Text über weite Strecken sinnvoll abrunden.

Viele Fußnoten ergänzen, erläutern oder untermauern Fakten oder legen den Standpunkt des Autors bei einem umstrittenen Thema dar. Allerdings enthält auch der eigentliche Text in vielen Passagen wertende Aussagen, die immer wieder die persönliche Meinung des Autors zum Ausdruck bringen. Besonders die Zielgruppe der Fortgeschrittenen und Profis dürfte hiervon etwas irritiert sein, weil der Eindruck entsteht, in der Meinungsbildung in eine gewisse Richtung gedrängt zu werden. Aber vielleicht ist es dafür für Wintersportler, die sich bisher nur wenig mit dem Thema Lawinen beschäftigt haben ein Vorteil, wenn ihnen eine Richtung vorgegeben wird, an die sie sich halten können.

Fazit: Den Leser erwartet eine umfassende Abhandlung, die alle derzeit gängigen Methoden und Erkenntnisse detailliert beschreibt und einen guten Überblick über die verschiedenen Ausbildungsrichtungen gibt, wie er momentan in der Literatur so noch nicht zu finden ist. Für meinen Geschmack ist es allerdings für ein modernes Lehrbuch etwas zu textlastig geraten. Dazu hätte es mir besser gefallen, wenn sich der Autor mit seiner persönlichen Meinung mehr zurückgenommen hätte. Trotz dieser Einschränkungen präsentiert der Verlag hiermit eine empfehlenswerte Lehrschrift der Lawinenkunde mit fundierter Erläuterung der Grundlagen und mit Schwerpunkt auf der probabilistischen (=wahrscheinlichkeitsbasierten) Risikobewertung.

Lehrschrift Lawinen, Bergverlag Rother