Alpenvereins-Jahrbuch Berg 2016
Rückblick, Ausblick und Einblicke in die Welt der Berge und des Bergsteigens
Titel: Berg 2016
Herausgeber: DAV, OeAV, AVS
Verlag: Tyrolia-Verlag
Redaktion: Anette Köhler
Seiten: 264 Preis: 18,90 €
Für wen: Eigentlich für jeden, der gerne in den Bergen unterwegs ist, gleich welcher Spielform.
Wo: Online bei Amazon oder für Alpenvereinsmitglieder beim DAV-Shop (inklusive Alpenvereinskarte).
Rezension
Alle Jahre wieder - seit nunmehr 140 Jahren (!) - veröffentlicht der Deutsche Alpenverein (DAV) zusammen mit dem Österreichischen Alpenverein (OeAV) und dem Alpenverein Südtirol (AVS) ein sehr umfangreiches Jahrbuch. Als Aufhänger wird, wie in jedem Jahr, ein Gebietsthema benutzt, das in dieser Ausgabe dem Karwendelgebirge gewidmet ist. Für Alpenvereinsmitglieder gibt es bei Bestellung über den DAV-Shop daher auch die Alpenvereinskarte Karwendel Mitte inklusive.
Dieses Schwerpunktthema Karwendel umfasst eine sehr umfassende Gebietsvorstellung aus bergsteigerischer Sicht von Heinz Zak, ein Artikel zu den Wander- und Naturerlebnissen von Joachim Burghardt, eine spannende Ausarbeitung der Bergbaugeschichte vom Hanspeter "Jesus" Schrattenthaler, die fundiert aufbereitete Kletterhistorie des Karwendels von Andi Dick und eine ungeheuer lebendige Schilderung zur Falkenhütte, in der das oft turbulente Leben der Hüttenwirtsfamilie auf die Anekdoten aus der extremen Kletterszene der Lalidererwand trifft. Jeder dieser Beiträge ist für sich informativ und lesenswert und stellt diese einmalige Gebirgslandschaft in den unterschiedlichsten Facetten vor. Demgegenüber wirkt der abschließende Beitrag von Georg Hohenester über einen "Tag im Karwendel mit Heinz Zak" dann ein bißchen verloren und fast etwas zu viel des Guten Heinz.
Das zweite Schwerpunktthema des Buches widmet sich den Alpenvereinshütten. Unter philosphischen Gesichtspunkten beleuchtet Martin Scharfe, Professor für Europäische Ethnologie und Kulturwissenschaften, den Sinn und die Bedeutung der Alpenvereinshütten. Weitere Beiträge befassen sich mit der Hüttenarchitektur, dem Denkmalschutz und mit Hüttenregeln in der Hüttenordnung. Gerade in letzterem Artikel von Martin Achrainer wird allerdings auch die Bigotterie der modernen Alpenvereinspolitik deutlich. Während einem das Vereinsjahrbuch den Schutzhüttencharakter eines Alpenvereinshauses vorgaukeln möchte, das "sich von den [...] alpinen Gasthäusern [...] deutlich unterscheidet", wird beispielsweise gerade aktuell in der Diskussion um Stornoregelungen wieder deutlich, dass ausschließlich die wirtschaflichen Interessen der Sektionen und der Wirte zählen und sich Alpenvereinshäuser in nichts, aber rein garnichts von privaten Unterkünften unterscheiden (im Gegenteil fühle ich mich als Bergsteiger in Privatunterkünften oft sogar "willkommener").
Mit diesen beiden Schwerpunktthemen ist allerdings noch nicht einmal die Hälfte der gewichtigen Ausgabe abgedeckt. Im Zentrum des Buches geht es dann um das "alpinistische Kerngeschäft", um aktuelle bergsteigerische Leistungen (Artikel von Max Bolland) und lange zurückliegenden Großtaten (Forschungsarbeit von Nicho Mailänder zu den Ursprüngen der Freikletterei) bis hin zur Outdoorkultur in Skandinavien (Ingrid Hayek). Im Abschnitt BergMenschen finden sich Portraits der Iranischen Spitzenkletterin Nasim Eshqi, des Bergbauern Fortunat Gurschler, des britischen Beamten und Spitzenalpinisten Mick Fowler und eine Erinnerung an einen vor 90 Jahren verunglückten behinderten Kletterer mit dem Namen Otto Margulies. Zahlreiche weitere Abhandlungen zu sachlichen, wissenschaftlichen oder kulturellen Themen sollten darüberhinaus für jeden Geschmack und jedes Interesse noch die ein oder andere lesenswerte Lektüre bereithalten.
Fazit: Wie jedes Jahr eines der Highlights der alpinen Bücherecke mit sehr breit gestreuten, und überwiegend auch hochwertig abgehandelen Themen sowie einem unschlagbar günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis.